Tomatensuppe

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  • Beitrag zuletzt geändert am:Mai 23, 2023

Neulich verriet mir ein Gesprächspartner bei der Frage, ob eine Fernsehreportage über das heutige Arabien glaubwürdig sei, dass er eigentlich über keine Kriterien verfüge, um so etwas zu beurteilen.  Diese ehrliche Auskunft gab mir den Anstoß, einmal meine Sicht der Dinge darzulegen.

Wenn wir Bücher oder Zeitschriftenartikel lesen, Fernsehberichte und YouTube-Videos zu einem Sachthema anschauen, dann doch deshalb, weil wir hoffen, etwas Neues zu erfahren. Aber stimmt auch, was uns dort präsentiert wird? Wir stecken in einem Dilemma: Nehmen wir alles für bare Münze, erweitern wir unser Wissen – mit dem Risiko der Fehlinformation. Glauben wir nichts, sind wir auf der sicheren Seite, aber wir lernen dann auch garantiert nichts. Wie also vorgehen? Sabine Hossenfelder beschreibt in ihrem Video zu einem anderen Thema eine schöne Analogie: Warum kann ich darauf vertrauen, dass die Tomatensuppe aus dem Supermarkt genießbar ist, schon bevor ich die Dose öffne? Ihre Antwort: Weil ich meine Wahrnehmung der Welt, hier: Gesellschaft und Wirtschaft, richtig dekodieren kann! So gelange ich zu einem hilfreichen Weltwissen, das mir in besagter Situation beispringt. Zum Beispiel haben sowohl Hersteller als auch Händler ein großes Interesse an einwandfreier Qualität des Produktes, weil sonst ihr Ruf und damit ihr Geschäft massiv gefährdet wäre. Weiterhin existieren weitreichende Qualitätskontrollen und viele beteiligte Personen haben ein Auge darauf, dass alles seine Ordnung hat. Das alles ist natürlich keine Garantie dafür, dass ich nie und nirgends vergiftet werde, aber es drückt das Risiko auf das unvermeidliche Niveau des Lebensalltags.

Doch zurück zu den Medien. Auch hier kann die Kenntnis von den Produktionsbedingungen der Beiträge eine entscheidende Rolle spielen. Zum Beispiel: Genießen die Autoren und die herausgebende Organisation einen guten Ruf? Falls ja, darf ich wie bei der Suppe zuversichtlich sein.

Im vorliegenden Falle wusste ich zusätzlich von den indischen und pakistanischen Gastarbeitern, welche in der dortigen Wüstenhitze alle körperlich anstrengenden Arbeiten  verrichten. Hätte die Reportage diese fragwürdigen bzw. beklagenswerten Zustände unterschlagen, hätte der Verdacht aufkommen können, der Bericht wäre im schlimmsten Fall von den dortigen Machthabern gesponsert, wie (so hörte ich) in Udo Ulfkottes  Buch “Gekaufte Journalisten” beschrieben. Doch nicht überall kann man sich derartiges Vorwissen zunutze machen. Zudem erfordert es viel Zeitaufwand, solch ein Wissen aufzubauen und zu pflegen.

Wäre es nicht schöner, über eine Art universell anwendbaren Kriterienkatalog zu verfügen, der uns in diesen Fällen aus der Klemme hilft? Für Publikationen rund um die Klimakrise hatte ich in 2019 einen Anfang gemacht und 14 Kriterien aufgelistet. Gerne nehme ich Kritik und Anregungen für Erweiterungen entgegen! Ich stelle mir solche Kriterien wie die Säulen eines griechischen Tempels vor, welche das steinerne Dach, sprich: mein Vertrauen, tragen: Eine Mindestanzahl muss vorhanden sein, damit das Gebäude nicht zusammenbricht. Je mehr kräftige Säulen ich erkennen kann, umso weniger muss ich befürchten, einer Fehlinformation oder tendenziösen Berichterstattung auf den Leim zu gehen.  Aber wie bei der Tomatensuppe bleibt natürlich auch hier ein Restrisiko.

Ich erkenne hier einen Bildungsauftrag an die Jugend, dem wir Erwachsene nachkommen sollten. Es gilt, wie sonst auch, seine Meinungen durch belastbare Gründe zu stützen, anstatt einen blinden  Glauben, z.B. an die öffentlich-rechtlichen Medien, einzufordern. Websites wie z.B. https://www.klicksafe.de/ können hier helfen.

 

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