Video zur Einführung

AstroLab - ein interaktives Planetarium zur Demonstration der Himmelsmechanik

Was würde passieren, wenn die Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne plötzlich still stände oder nur noch halb so schnell liefe? Oder wenn ein anderer Stern, so groß wie die Sonne, unser Planetensystem durchkreuzte? Nun, so etwas wird wohl nicht geschehen, solange wir leben – aber man kann aus solchen Szenarien lernen, wie unser Sonnensystem “funktioniert”. Natürlich haben die Herren Kepler und Newton schon vor Hunderten von Jahren die bestimmenden Naturgesetze entdeckt, aber das direkte Ausprobieren und Erleben der Abläufe bleibt unserer Zeit vorbehalten – der Computer macht’s möglich.
AstroLab wurde konzipiert für den Einsatz im Seminarkurs über Körper im Schwerefeld.

Einführung
Das vorliegende Programm simuliert die Bewegung von Himmelskörpern in einem zweidimensionalen Raum d.h. einer Fläche, von der ein Ausschnitt auf dem Bildschirm zu sehen ist. Die Berechnung basiert allein auf den Newtonschen Gesetzen zur Gravitation und Bewegung.

Simulationen im Allgemeinen benutzen ein vereinfachtes Abbild der Realität (= ein Modell), in dem gewisse Gesetzmäßigkeiten gelten. Zweck einer Simulation ist zu erforschen, wie sich die reale Welt unter verschiedenen Gegebenheiten verhalten würde: Die Simulation startet mit einer vom Benutzer – also dir – vorgegebenen Ausgangssituation; den weiteren Verlauf bestimmt dann die Anwendung der Naturgesetze. So kann man z.B. besser verstehen, wie diese Gesetze “wirken”, weil man mehr bzw. andere Abläufe als in der Natur beobachten kann – bei AstroLab in einem Bruchteil der Zeit.

In unserem Modell sind nur die Bewegungen der Himmelskörper von Interesse. Darum sind ausschließlich die Eigenschaften “Ort” und “Geschwindigkeit” sichtbar.

Wenn sich bei der Planetenbewegung Ellipsen oder Hyperbeln ergeben, dann nicht etwa, weil diese Kurvenformen “einprogrammiert” worden wären, sondern weil sie sich aus den Naturgesetzen ergeben, wenn nur eine große Masse (hier die Sonne) das Geschehen bestimmt. Dass es ganz anders aussieht, wenn keine Sonne existiert, oder eine zweite Sonne das System stört, kann man mit AstroLab leicht ausprobieren!

Kurzanleitung
Zunächst befindet sich nur unsere Sonne (gelb) ruhend im Mittelpunkt des Bildes. Man kann nun weitere Himmelskörper anwählen und im Feld platzieren. Neben dem Ort muss man ihnen eine Anfangsgeschwindigkeit verpassen. Dies geschieht so: Nachdem man den Knopf des gewünschten Körpers – z.B. die Erde (blau) – betätigt hat, bewegt man den Mauszeiger in den “Weltraum”. Dabei wird seine Entfernung von der Sonne laufend angezeigt. Per Mausklick legt man den Anfangsort fest.
Zieht man anschließend den Mauszeiger von der Startposition weg, so erscheint ein Pfeil, welcher in der Länge und Richtung die Anfangsgeschwindigkeit für diesen Körper festlegt – wieder mit einem Klick.
Hat man alle gewünschten Himmelskörper platziert, so starten man mit den Knöpfen “1 Tag” bzw. “Start” eine schrittweise bzw. kontinuierliche Simulation der Bewegung. Letztere lässt sich jederzeit mit “Halt” wieder stoppen. Will man ein neues Experiment starten, drückt man “Neu”
.

Beachte

  • Falls ein Körper den sichtbaren Bereich verlässt, wird seine Position weiterhin korrekt berechnet, sodass er unter Umständen wieder erscheint.

  • Man kann das Fenster beliebig vergrößern, um mehr vom Geschehen mitzubekommen. Mit dem Mausrad kann man bei gedrückter Strg-Taste hinein- und herauszoomen.

  • Des Weiteren kann man auch den Bildausschnitt verschieben: Drücke die linke Maustaste, während der Zeiger im “Weltraum” liegt. Dann verschiebe mit gedrückter Maustaste den Bildausschnitt.

  • Dass die Kurven manchmal etwas gezackt aussehen, liegt in der beschränkten Auflösung des Bildschirms und hat nichts mit der Berechnung oder gar den physikalischen Gesetzen zu tun!

  • Die Größe der Körper ist – im Vergleich zu den Abmessungen des dargestellten Raumes – stark übertrieben. Warum? Ohne Vergrößerung könnte man die aktuelle Position eines Himmelskörpers auf einer geschlossenen Bahnkurve gar nicht erkennen!

  • Kommen sich zwei Körper sehr nahe, so wird die Berechnung abgebrochen, da sonst die Rechenzeit oder der Rechenfehler sehr stark ansteigen würden.

Weitere Anzeigen
Die meisten Anzeigen sollten selbsterklärend sein. Für die folgenden soll eine kurze Erläuterung helfen:

Zeitraffer in d/s: Hier kann man die Simulationsgeschwindigkeit einstellen. Eine Eins bedeutet hier: 1 Tag (das d in d/s) im simulierten Weltall vergeht für den Beobachter (also dich) in einer Sekunde (das s in d/s).

Auslastung: Anzeige der Computerbelastung. Es liegt auf der Hand, dass die Rechenleistung des Computers mit größerer Simulationsgeschwindigkeit steigt. Ist de Balken ganz ausgefüllt, kann das Programm die eingestellte Simulations-geschwindigkeit (d.h. Wert der Zeitraffer) nicht mehr einhalten. Das tut dem Rechenergebnis keinen Abbruch, sieht aber unschön aus.

Eigene Experimente
Will man statt der vorgefertigten Experimente (siehe unten) selber forschen – hier sind ein paar Anregungen:

  • Setze die Erde in 150 Mio. km von der Sonne entfernt ab (ohne Anfangsgeschwindigkeit) und starte die Simulation! Was passiert?

  • Wenn die Erde 1 Jahr für einen Umlauf braucht und dabei fast eine Kreisbahn beschreibt, in welchem Abstand von der Sonne und mit  welcher Geschwindigkeit muss sie sich dann bewegen? Siehe auch im Physikbuch, Astronomie-Lexikon usw. nach!

  • Wenn man die Startgeschwindigkeit der Erde halbiert, wie lange dauert dann ein Umlauf?

  • Schicke einen Kometen mit denselben Startbedingungen auf die Reise! Wo liegt der Unterschied zur Erdbahn? Was lernen wir daraus?

  • Probiere auch die Umlaufbahnen von Merkur, Venus und Mars!

  • Welche der Keplerschen Gesetze kann man mit diesem Programm “überprüfen”?

  • Unter welchen Bedingungen könnte ein Komet die Erde umkreisen?

  • Komet und Erde beeinflussen sich gegenseitig nicht spürbar. Die Sonne beherrscht die Szene, sie bewegt sich nicht. Was passiert, wenn man einen zweiten Stern ins Spiel bringt? (Dieser hat in der Simulation dieselbe Masse wie die Sonne)

  • Wie bewegen sich die Sterne in einem Zweiersystem (Doppelstern)?

  • Wann entstehen parabelförmige Kometenbahnen?

  • Bringe Komet und Erde auf gegenüberliegenden Seiten der Sonne. Könnte sich ein anderer Himmelkörper von uns aus gesehen hinter der Sonne  “versteckt” halten?

  • Welche Bahn beschreibt die Erde im sonst leeren Raum?

Menü “Datei”

AstroLab verfügt über eine Schnittstelle, mit Hilfe derer Startwerte und Berechnungsergebnisse in textueller Form ein- bzw. ausgegeben werden können. Sie ermöglicht einerseits reproduzierbare Abläufe durch die präzise Vorgabe von Startwerten. Andererseits kann eine Weiterverarbeitung der Berechnungsergebnisse z.B. mit einer Tabellenkalkulation erfolgen.

  • Startwerte einlesen: Es öffnet sich ein Datei-Dialog zur Auswahl. In der eingelesenen Datei erwartet AstroLab pro Zeile 6 Angaben zu jeweils einem Körper: Sein Name, sein Gewicht in kg (ohne Leerzeichen), seine Anfangskoordinaten in Millionen km (x und y) sowie seine Anfangsgeschwindigkeit in km/s, wieder in x und y-Richtung. Die jeweiligen Angaben sind durch Leerzeichen und/oder Tabs getrennt. Beispiel: Eine Simulation der Erde um die Sonne könnte durch eine Datei mit folgenden Zeilen festgelegt sein:

  # Erde um die Sonne
  Sonne 1,99E30   0   0   0   0
  Erde  5,98E24 149,6 0   0  29,8

 Wie zu erkennen, werden Zeilen, die mit eimen ‘#’ starten, ignoriert. Am einfachsten erstellt oder verändert man solch eine Datei mit dem Windows-Zubehör-Programm Notepad.

  • Ausgabe öffnen: Auch hier öffnet sich ein Datei-Dialog, allerdings wird hier eine Zieldatei festgelegt. AstroLab schreibt dort zeilenweise die Berechnungsergebnisse nach jedem Tag Simulationszeit. Dies sind vier Werte für jeden Körper: Ortskoordinaten (x, y) und die Elemente des Geschwindigkeitsvektors (vx, vy). In der erste Zeile finden sich Spaltenüberschriften für die folgenden Zeilen. Für die Sonne als ersten Körper wird z.B. geschrieben:

Sonne:x Sonne:y Sonne:vx Sonne:vy
Einträge innerhalb einer Zeile sind durch ein Tab-Zeichen getrennt. So können sie sehr leicht in ein Tabellenkalkulationsprogramm importiert werden. Alle Ausgaben sind in SI-Einheiten d.h. Meter und Meter/Sekunde.

  • Ausgabe schließen: Damit wird die Textausgabe beendet.

Menü “Optionen”

  • Nur ein Punkt pro Tag als Spur: Statt die Bahnen der Körper als Linien zu zeichnen, wird nur ein Punkt pro simuliertem Tag (24h) gesetzt. So kann man in einem Umlauf die Änderung der  Geschwindigkeit nachträglich gut erkennen: Je weiter die Punkte auseinanderliegen, umso schneller war der Körper. Dieser Effekt ist aber nur sichtbar bei hohen Geschwindigkeiten, z.B. bei einer sehr lang gestreckten Kometenbahn.

  • Sonne schon da: Beim Klicken auf den “Neu”-Knopf steht die Sonne im Zentrum. Will man keine Sonne oder sie mit anderen Startwerten versehen, muss man diese Markierung wegnehmen.


Menü “Experimente”

Alle Menüpunkte bringen einen tabellarischen Dialog, in welchem Zustandswerte der Körper angezeigt werden und auch editierbar sind. Mit Übernehmen werden diese Werte aktiv.

  •  aktuell –: Hier escheinen die aktuellen Werte der Simulation.

  • Erde um Sonne: Hier sind die ungefähren Gegebenheiten beim Umlauf der Erde um die Sonne als Startwerte angegeben.

  • Neun Erden um die Sonne: Neun Körper so schwer wie die Erde rotieren um die Sonne. Dabei sind die Umlaufrichtungen entgegengesetzt. Dies ist eine Situation, die natürlicherweise wohl bei keinem der Milliarden Planetensysteme im Kosmos vorliegt, weil sie deren Entstehungsprozess zuwider läuft. Mit diesem Arrangement soll gezeigt werden, dass sich Planeten nur unmerklich gegenseitig beeinflussen.

  • Doppelstern mit Masseverhältnis 1:1: Hier wird ein Doppelstern mit gleichen Massen der Einzelsterne beschrieben.

  • Doppelstern mit Masseverhältnis X:1: mit X = 2, 5, 10. Diese Serie von Experimenten zeigt, dass sich die Zentralmasse mit zunehmendem Ungleichgewicht immer weniger bewegt. Bei einem Planetensystem wie dem unsrigen ist schließlich die Bewegung der Sonne kaum auszumachen. (Bei einer Textausgabe von AstroLab kann man sie gleichwohl gut erkennen.)

  • Elastischer Stoß: Hier begegnen sich zwei Sonnen und tauschen weitgehend ihre kinetische Energie aus, ohne sich jedoch zu berühren. Für mich ist dir Frage ungeklärt, ob auch Startwerte denkbar sind, bei denen ein vollständiger Austausch möglich ist.

  • Swing By: Demonstration der Energieübertragung von einem schweren Körper auf einen leichteren. Beachte die Geschwindigkeit des blauen (leichten) Körpers vor und nach der Begegnung mit dem gelben (schweren). Dieser Effekt wird in der Raumfahrt genutzt.

  • Labiles Quartett: Dies ist ein Beispiel einer vollständig naturfremden Aufstellung mit überraschendem Ausgang: Zunächst umkreisen vier Körper den gemeinsamen Schwerpunkt in schönster Symmetrie. Durch die unvermeidlichen Rechenfehler des Programms häufen sich jedoch die Abweichungen und zerstören letztendlich die regelmäßigen Bahnen.
  • Aus der Bahn geworfen: Sollte je ein anderer Stern unser Sonnenystem durchqueren, würde dies katastrophale Konsequenzen haben :-( Zum Glück gibt es aber keine Anzeichen dafür, dass dies in absehbarer Zeit passiert :-)

Zur Implementierung
Alle Bewegungen berechnen sich nach den Newtonschen Gesetzen zur Bewegung und Gravitation:

Die daraus resultierenden Differentialgleichungen – jeder Körper beeinflusst alle anderen, d.h. es sind mehr als nur m1 und m2 im Spiel! – werden mit Hilfe des Runge-Kutta-Nyström Verfahrens integriert. Siehe z.B. E. Kreyszig: “Advanced Engineering Mathematics” 1979, S.802. Angenommene Massen:

   Sonne / Stern: 1.99 * 10^30 kg
   Erde: 5.98 * 10^24 kg
   Komet: 10^16 kg

Weil das Programm in der Programmiersprache Java geschrieben wurde, läuft es auch unter Linux und Mac-OS.

Installation
Lade die Datei AstroLab.jar (gezipped) auf Deinen PC herunter und starte das Programm durch Doppelklick (oder mit ‘java -jar AstroLab.jar’ von der Eingabeaufforderung d.h. Konsole)! Voraussetzung für ein Funktionieren ist allerdings, dass Java 8 auf deinem Rechner installiert ist.  Bei Bedarf kannst du Java von dieser Seite kostenlos beziehen.