Können ein Christ und ein Atheist Freunde sein? Kann das gut gehen? Erliegen nicht beide der andauernden Versuchung, den Anderen bekehren zu wollen? Sehen nicht beide im Anderen eine minderwertige Lebensform? Resultiert daraus nicht zwangsläufig eine Distanzierung?
Ich meine nein, wie meine Freundschaft zu Zoltan belegt. Natürlich haben auch wir über viele Jahre hinweg eifrig versucht, einander von der jeweils eigenen Weltsicht zu überzeugen – ohne Erfolg. Für mich war diese Auseinandersetzung in der Rückschau trotzdem sehr wertvoll. Denn erstens lernte ich mehr über mich und meine Überzeugungen kennen und zweitens wurde mir bewusst, dass die Weltsicht oder der religiöse Glaube nicht unbedingt zu den wichtigsten Zutaten einer Persönlichkeit gehört.
Wir haben dann eine Art Friedensvertrag geschlossen, der einige wenige Prinzipien umfasst:
- Der Ursprung und die Grundlage der Welt ist für den menschlichen Verstand nicht zu erfassen. Beides war und wird auch immer ein Geheimnis bleiben.
- Aus dieser Erkenntnis ziehen wir den Schluss: Wir respektieren einander, weil jeder für sich angesichts besagter Lage seinen Weg und seine Wahrheit finden muss. Wir vermeiden jede Abwertung des Anderen, auch wenn wir manche seiner Überzeugungen für falsch halten.
- Den friedlichen Umgang aller Menschen miteinander erkennen wir als sehr viel bedeutsamer als den Wunsch oder das Streben nach einheitlichen Vorstellungen über die Welt. Wir beide verurteilen jede Gewalt gegen Menschen, insbesondere wenn sie von Glaubensvorstellungen abgeleitet wird.
- Die Wertschätzung für eine Person bemisst sich nicht daran, ob sie die eigene Weltsicht teilt oder nicht. Menschliche Qualitäten wie Freundlichkeit, Solidarität oder Toleranz dem Fremden gegenüber wiegen ungleich schwerer.
Sich von anderen zu distanzieren fällt nicht schwer. Man findet bestimmt immer etwas, das einem am anderen nicht gefällt. Doch wir Menschen brauchen den Zusammenhalt, den Frieden, über alle Unterschiede hinweg. Die Blutspuren der Geschichte und die Grausamkeiten der Gegenwart sind doch ein mahnendes Zeichen! Wenn wir unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Umwelt übergeben wollen, dann müssen wir auch nach einer befriedeten Menschheits-Gemeinschaft streben. Und die ist nicht zu haben ohne weltanschauliche Toleranz. Freundschaften über religiöse Grenzen hinweg können Brücken bauen und sind darum wichtig. Und man muss sie öffentlich machen, damit sie zum Nachahmen ermutigen können! Auch hier gilt, wie im übrigen Leben auch: Nicht übereinander, sondern miteinander reden! Den Kontakt nicht abreißen lassen, sondern das wohlwollende Gespräch suchen!
Zoltans Weltsicht kann man den verschiedenen Beiträgen auf seiner Homepage takacs-online.de entnehmen. Die meine versuche ich diesem Dokument fragmentarisch aufzuzeigen.
P.S. Um ganz ehrlich zu sein: So ganz können wir es nicht lassen, uns an den Vorstellungen des jeweilig Anderen zu reiben. Aber ganz freundschaftlich, versteht sich 😉
