GWÖ = Gemeinwohl-Ökonomie

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  • Beitrag zuletzt geändert am:Dezember 9, 2023

Mir begegnete die Idee der Gemeinwohlökonomie vor Jahren, als ich das gleichnamige Buch eines ihrer Erfinder, Christian Felber, las. Meine erste Reaktion war: “Das klingt doch alles sehr schlüssig! Warum machen wir das eigentlich nicht schon längst?” Ab sofort war das Buch ein willkommenes Geschenk für den Freundeskreis.

In der Bayerischen Verfassung steht:  “Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl” (Quelle). Auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hält fest: “Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.” (Quelle) Doch leider scheint uns diese Ausrichtung abhanden gekommen zu sein, wenn sie denn je wirksam war. Viel zu oft diente und dient wirtschaftliches Handeln einer Minderheit, sei es dem “bösen” Kapitalisten oder den Aktionären. Kosten und nachteilige Effekte wie Umweltbelastungen wurden und werden der Gemeinschaft aufgebürdet. Ob es hohe CO2-Freisetzung durch Produktion und Transport oder auch Nitrateintrag durch Gülle geht, um Lärmbelastung oder Feinstaub – immer zahlt die Allgemeinheit die Zeche industrieller Produktion.  Andererseits profitieren wir alle von den nützlichen oder leckeren Produkten, dem alles-immer-Sofortismus a là Amazon, aber auch von den Arbeitsplätzen und den Gewerbesteuern. Wäre es da nicht sinnvoll, wenn sich alle Parteien einer Ausrichtung verpflichteten, die solche und viele andere Schädigungen vermeidet? Genau dies versucht die GWÖ mit der Erfindung der Gemeinwohl-Bilanz. Sie soll die Erfolge eine Unternehmens über die rein finanzielle Bilanz hinaus messen: Inwieweit trägt das Wirtschaften zum Gemeinwohl bei und – wichtiger noch – wo schädigt es möglicherweise das Gemeinwohl?

Überträgt man diesen Gedanken auf die weltweite Wirtschaft, gelangt man zu einer parallelen Betrachtung: Sollte man das heutige Maß für die Wirtschaftskraft eines Landes, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht folgerichtig zu einem Gemeinwohl-Produkt aufwerten, welches das “gute Leben für alle” im Auge hat? Aber wie sollte dieses Produkt zustande kommen?

Genau darum ging es in einem Workshop, an dem ich an vier Tagen der letzten Woche  teilnahm. Unter fachlicher Leitung trafen sich an die 20 interessierte Bürger aller Altersgruppen, um ein Gesamtkonzept auszuarbeiten und der Öffentlichkeit vorzulegen. Weil eine grobe Gliederung und methodische Fundierung vorgegeben waren und der Prozess gut organisiert, konnten sich die Teilnehmer auf inhaltliche Fragestellungen konzentrieren. Ich war erstaunt, wie reibungsarm die Teilnehmer*innen der Altersspanne von 17 bis 70 zielorientiert arbeiteten und trotz der Fülle an Themen zu einem vorzeigbaren Ergebnis gelangten. Dass dies in vielen Fällen (noch) nicht dem gewünschten fachlichen Niveau entspricht, versteht sich von selbst, schließlich waren hier Laien am Werke. Wer dermaßen hohe Ambitionen verfolgt, muss sich bei einem solchen Format bescheiden. Aber es war zumindest für alle Teilnehmer*innen ein erfüllendes Erlebnis und die Anstrengung allemal wert.

Was ich in der Breite noch nicht kannte: Es haben sich weltweit eine Reihe von Konzepten mit einer ähnlichen Ausrichtung bereits etabliert. Hier eine Auswahl:

Es lohnt sich, diese Entwürfe einmal genauer anzuschauen, denn es drückt aus, was Menschen wollen. Oft beklagen wir ja nur, was wir nicht wollen. Wünschen sich nicht alle Menschen ungefähr dasselbe, sobald sie befreit sind von nationalistischen und fundamental-religiösen Ideologien bzw. ihren Herrschern, die ihnen diese Weltsichten aufzwingen wollen? Und es stellt sich die Frage nach Gerechtigkeit: Wenn wir die Gemeinschaft, deren Wohl gefördert werden soll, auf die gesamte Menschheit ausdehnen wollen – und was sonst sollten wir allein angesichts der Klimakrise anders tun – dann bieten diese Entwürfe die Grundlage  für einen Ausgleich. Denn die Länder unterscheiden sich ja massiv voneinander in den Lebensverhältnissen ihrer Bewohner. Mit den Indizes lassen sich diese Unterschiede konkret benennen und man hat eine Grundlage für Planungen jeglicher Art, um zumindest gravierende Mängel abzustellen.

Man kann sich nun fragen: Was bringt das alles, wenn es nicht umgesetzt wird? Hier lautet meine einfache Antwort wie bei der Klimakrise: Wir alle, Privatleute und Politiker, Handwerker und Wirtschaftsführer, etc. pp. müssen es angreifen, sonst wird es keiner für uns tun! Und es ist ja auch eine Menge unterwegs. Es fehlt, wie so oft, (noch) an der Unterstützung in der Breite der Bevölkerung.

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