Appell

So habe ich es gemeint:

Dringender Aufruf aller noch nicht Geborenen an die heute Lebenden:

Es beginnt mit einer Fiktion: Noch nicht Geborene rufen auf. Geht ja gar nicht! Was könnte also gemeint sein? Es geht darum, denen eine Stimme zu geben, die nach uns kommen, aber ihre Interessen noch nicht selbst vertreten können. Weil wir guten Grund haben anzunehmen, dass sie uns heute Lebenden sehr ähnlich sein werden, glauben wir auch, dass ihre Bedürfnisse sich mit den unseren weitgehend decken. Aber warum sollten wir uns für sie überhaupt einsetzten? Weil heute die Bedingungen geschaffen werden, unter denen sie dann leben müssen. Und weil sie unsere Nachfahren sind, fühlen wir uns ihnen solidarisch verbunden, auch wenn wir ihnen nie persönlich begegnen werden.

Bitte verlassen Sie diesen Planeten so, wie Ihre Enkel ihn vorfinden möchten!

Hier wird das Bild einer Einrichtung entworfen, die man nach Ablauf der eigenen Nutzungszeit wieder verlässt – und die danach von anderen besetzt wird. Das sind konkret die eigenen Enkel, abstrakt die noch nicht Geborenen.
Ist das aber sachgerecht? Wir können uns die dargestellte Oberfläche des Planeten Erde vorstellen als eine Bühne, auf der tausende Generationen von Menschen ihr immer gleich genanntes – wenn auch verschieden gestaltetes – Stück aufführen und dann wieder abtreten. Der Name des Stückes lautet: “Mein Leben”. Alle Selbstdarsteller sind über das einzigartige Lebensnetz miteinander verbunden. Jeder Mensch bildet einen Knoten dieses Netzes und benachbarte Knoten sind über Geburt bzw. die Vereinigung von Frauen und Männern miteinander verbunden. Dieses Netz wächst beständig aus einer Millionen Jahre alten Vergangenheit hinein in die offene Zukunft. Alle Mitglieder des Netzes leben von und mit dem, was ihnen die immer selbe Bühne, sprich die dünne Haut der Erdkugel, Biosphäre genannt, bietet. Leidet sie, leiden die Menschen, stirbt sie, stirbt der Mensch und damit besagtes Netz.
Weil uns heute bewusst ist, von welchem Reichtum der Biosphäre wir heute leben, lässt sich sehr leicht erfassen, worüber unsere Nachkommen ebenfalls sehr erfreut wären bzw. was für sie unverzichtbar ist.

Das gilt für alle Berge und Täler, Wälder und Wiesen, Meere und Strände, Flüsse und Seen, Pflanzen und Tiere.

Diese Aufzählung zeigt in Kurzform, dass ein Großteil der Erdoberfläche gemeint ist, inklusive aller darin existierenden Organismen. (die im Übrigen in dasselbe Netz von Kommen und Gehen eingebunden sind)

Die stark gewachsene Weltbevölkerung hat die Überlastung vieler Ökosysteme bewirkt und den Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten zerstört. Der Klimawandel entwickelt sich zur ernsten Bedrohung. Beides gefährdet erheblich die Überlebenschancen und Lebensqualität zukünftiger Generationen.

Hunderttausende Jahre lebten die Menschen in einer “leeren” Welt: Wenn es irgendwo zu eng, zu kahl oder zu ungemütlich wurde, ist man einfach weiter gezogen ins Neuland und hat dort dieselbe oder eine besser angepasste Lebensweise geführt. Durch Wissenschaft, Technik und gewinnorientierte Wirtschaft wurden die Menschen immer erfolg- und zahlreicher. Ihr Bedarf an Ressourcen stieg gewaltig an und ist immer noch im Wachstum begriffen. So war es nur eine Frage der Zeit, dass man auf der endlichen Erdoberfläche an Grenzen stieß und begann, am Ast zu sägen, auf dem wir sitzen. Und auf dem auch die nachfolgenden Generationen sitzen werden, ja müssen: Sie kommen in eine “volle” Welt mit immer weniger Spielraum und Möglichkeiten zur Aufführung ihres Lebensspiels. Sie darin zu beschneiden empfänden wir als unfair, müssten wir ihnen in die Augen schauen. Oder sollten wir sagen: “Sorry, Pech gehabt, zu spät geboren, alles aufgebraucht, abgewirtschaftet und verwüstet!”?
Ist die Situation wirklich so ernst? Leider ja, schaut man sich nur die Fakten zum gegenwärtigen Massenaussterben oder zur Überfischung an. Zum Thema Klimawandel siehe hier!

Das wollen Sie doch sicher nicht! Darum:

• Schützen Sie die vielfältige Flora und Fauna, schonen Sie die Reserven irdischer Rohstoffe!

“Ein Planet wird geplündert” – so hieß schon ein Buchtitel aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dabei hatte noch gar nicht angefangen, was wir heute noch erleben. Riesige Ölfelder, großflächiger Abbau von Ölschiefer und anderer Rohstoffe, Tiefsee-Ölbohrungen mit den Gefahren weitreichender Verschmutzung usw. usf. Und so ganz nebenbei zerstören wir die Lebensräume unzähliger Wildtiere. Deren Biomasse ist in den letzten 50 Jahren auf ein Fünftel geschrumpft [1]. Der Skandal ist, dass wir alle es wissen und doch vom Plündern nicht ablassen.

• Unterlassen Sie die weitere Vermüllung der Atmosphäre mit Kohlendioxid!

Die Älteren unter uns kennen noch die wilden Müllkippen am Waldes- oder Straßenrand. Dort haben Menschen aus Ignoranz oder Geldnot all ihren Unrat in die Natur geworfen, sehr zur Empörung der meisten Zeitgenossen. Warum die Aufregung? Weil diese Schandflecken so hässlich ins Auge stachen und bisweilen auch Giftstoffe enthielten. Heutzutage entlassen wir die Überreste unserer Nutzung fossiler Energieträger wie Benzin, Diesel und Erdgas ebenfalls “einfach so” in die Natur, in Form von Kohlendioxid, sprich CO2. Wir tun uns leicht damit, weil die Abgase aus Heizung, Autos und Flugzeugen geruchlos, unsichtbar und ungiftig sind. Aber auf globaler Ebene erhitzen sie durch den Treibhauseffekt die Erde und versauern die Ozeane. Mit fatalen Folgen.

• Bauen Sie nicht noch mehr Autobahnen und Industriekomplexe, stoppen Sie den Flächenfraß!

Es liegt auf der Hand, dass die immer noch zunehmende Inanspruchnahme und Versiegelung von Land gerade im dicht besiedelten Deutschland immer mehr wertvollen Ackerboden und Lebensräume für Wildtiere vernichtet. Fatale Konsequenzen: 1. Wir werden noch abhängiger von Lebensmittelimporten, die woanders mehr gebraucht würden und 2. Kinder kennen natürliche Lebensräume nur noch aus dem Fernsehen und können kein emotionales Verhältnis zu dem aufbauen, was sie ernährt und erhält! Warum sollten sie es dann engagiert schützen?
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

• Kaufen Sie nichts, von dem Sie nicht wissen, wie es problemlos entsorgt oder recycled werden kann!

Die althergebrachte Wirtschaft vollzieht sich nach dem Muster: 1. Rohstoffe der Natur entnehmen, 2. daraus Produkte herstellen, 3. diese benutzen und 4. anschließend entsorgen, d.h. verbrennen oder deponieren. Dieser Ablauf funktioniert solange, wie genügend Rohstoffe vorhanden sind bzw. die “Entsorgung” keine großen Probleme macht. Man kann sich aber leicht vorstellen, dass dies in einer endlichen Welt nicht lange gut gehen kann. Irgendwann sind die Rohstoffe aufgebraucht und die Müllkippen (inkl. Atmosphäre und Ozeane) quellen über. Also müssen wir im Kreislauf arbeiten wie die Natur: Dort gibt es keinen Müll, nur Rohstoffe. Unser Körper besteht aus Materie, die schon unzählige Male ein Tier, eine Pflanze ein Wassertropfen oder Luftmolekül waren. Und er wird auch wieder dazu werden. Nur so kann es sein, dass uns die Dinosaurier, die immerhin über 150 Millionen Jahre die festländischen Ökosysteme dominierten, keinen Müll hinterließen.

• Verbreiten Sie diese Botschaft! Dieses Poster kann zur Produktion kostenlos heruntergeladen werden bei https://martin-reiche.de/appell

Ansonsten genießen Sie Ihren Aufenthalt auf diesem wunderbaren Planeten!

Warum heißt es “Planet” und nicht einfach “Erde”? Damit soll angedeutet werden, dass die Erde nicht “einfach so” durch den Weltenraum fliegt, sondern, wie seine Geschwisterplaneten, also etwa Venus, Mars und Jupiter, zusammen mit der Sonne zu einem System gehört. Alle weisen eine ganz besondere Entwicklungsgeschichte auf, die es lohnt, wahrgenommen zu werden.

Er ist der einzige, auf dem wir Menschen leben können.

Es ist offensichtlich, dass wir auf keinem der anderen 7 Planeten unseres Sonnensystems unabhängig leben können. Alles müsste von der Erde mitgebracht, bzw. versorgt werden. Aber es gibt doch sicherlich noch andere Planeten weiter weg! Es wird doch immer nach der “zweiten Erde” geforscht! Ja, das stimmt. Aber selbst wenn wir eine solche identifizieren könnten, der Weg dorthin wäre mit allen heute auch nur vorstellbaren Techniken viel zu weit, ein Umzug der Menschheit ausgeschlossen. Darum können, ja müssen wir und alle unsere Nachfahren diese einzige Erde bewohnen. Wie heißt es so schön und knapp: “Der Weltraum des Menschen ist die Erde.” (Richard David Precht)

Quellen:
[1] Harald Welzer: “Nachruf auf mich selbst”, S. Fischer 2021, S. 11